Anmerkungen zur PKS 2017 – Teil 1

Die Polizeiliche Kriminalstatistik 2017 wurde jüngst veröffentlicht und die Mainstreammedien juben, z.B. „Kriminalität geht in Deutschland so stark zurück wie seit 1993 nicht“ [1]

Hat es wirklich einen Rückgang der Kriminalität gegeben? Ist es überhaupt redlich sich nur auf die Gesamtzahlen zu konzentrieren und sich nicht im Detail die Straftatengruppen anzschauen? Hat sich der Mainstream überhaupt damit beschäftigt wie Straftaten gezählt werden? Oder hat man sich darauf verlassen, was die Regierung ihnen als Pressevorlage über den Tisch geschoben haben und sich nie die Mühe gemacht, die PKS-Zahlen im Detail anzuschauen und diese zu analysieren.

Auf Tichys Einblick gibt es eine zweiteiligen Artikelserie von Joachim Renz, der sich zum einen mit der Motivationslage für eine Anzeige bzw. eine Nicht-Anzeige beschäftigt. Als Motive für eine Anzeige führt er aus [2]:

  1. Man möchte, dass der Täter für das, was er einem angetan hat, bestraft wird.
  2. Man möchte, dass der Täter in Zukunft keine ähnliche Straftat mehr begeht.
  3. Man möchte den erlittenen Schaden von einer Versicherung ersetzt bekommen.
  4. Man möchte, dass die Straftat registriert wird und in die Statistik eingeht.

Als Motive warum Straftaten nicht angezeigt werden, führt er aus [2]:

  1. Man glaubt, der Täter wird sowieso nicht gefasst.
  2. Man glaubt, der Täter wird sowieso nicht bestraft.
  3. Es gibt keinen grossen materiellen Schaden, den eine Versicherung ersetzen könnte.
  4. Es ist den Aufwand nicht wert, eine Anzeige aufzugeben.
  5. Man will nicht als Rassist gelten, wenn man einen Flüchtling anzeigt.
  6. Man möchte nicht Wasser auf die Mühlen der Rechten leiten.
  7. Man hat Mitleid oder Verständnis für den Täter.
  8. Man möchte die Erinnerung an die Tat verdrängen.
  9. Man hat Angst vor dem Täter.

Man könnte noch in Detaillierung zu Punkt 4) aufführen, dass die Polizei einen abhält eine solche Strafanzeige aufzunehmen. So etwas soll durchaus vorkommen. Und wenn man dann nicht beharrlich darauf besteht, dass die Anzeige aufgenommen wird, so geht geht sie nicht in die Eingangsstatistik ein. Die PKS wird aber seit 1971 nicht mehr als Eingangsstatistik geführt, sondern als Ausgangsstatistik. Ausgangsstatistik bedeutet, dass die angezeigte Straftat polizeilich endermittelt wurde, so dass sie an die Staatsanwaltschaft abgegeben werden kann. Zusätzlich kommen nicht in die Statistik folgende angezeigte Straftaten[3]:

Nicht enthalten sind

  • Staatsschutzdelikte
  • Verkehrsdelikte
  • Ordnungswidrigkeiten
  • Delikte, die nicht zum Aufgabenbereich der Polizei gehören (z. B. Finanz- und Steuerdelikte) und
  • Straftaten, die unmittelbar bei der Staatsanwaltschaft angezeigt werden.

Zudem [4]:

In der PKS werden nur Fälle erfasst, die hinreichend konkretisiert sind:
Dazu müssen überprüfte Anhaltspunkte zu
 dem Tatbestand (Erfüllung aller Tatbestandsmerkmale einer Strafrechtsnorm),
 dem Tatort und
 der Tatzeit / dem Tatzeitraum (mindestens das Jahr)
vorliegen.

Bezüglich der Tatsache, dass nur solche angezeigten Taten, die zu Ende ermittelt wurde in der PKS landen, bedeutet dieses, dass ein „Backlog“ von nicht bearbeiteten Vorgängen, dazu führt, dass diese zunächst einmal nicht in der PKS des Jahres landen, indem die Tat begangen wurden, erfasst werden. In der PKS 2016 des Landes Berlin, heißt es hierzu[6]:

Die PKS stellt immer die Informationen zu allen in einem Jahr abschließend bearbeiteten Fällen dar (Ausgangsstatistik). Das bedeutet, dass sich darunter auch Fälle mit einer länger zurückliegenden Tatzeit befinden können. Dies wirkt sich naturgemäß gerade in diesem bedeutsamen Deliktsbereich aus, da hier die Sachbearbeitung mit besonderer Intensität auch in lange zurückliegenden Fällen ermittelt.
Der am 19. Dezember 2016 am Berliner Breitscheidplatz verübte Anschlag mit insgesamt 12 getöteten und über 60 verletzten Personen ist im vorliegenden Jahresbericht noch nicht berücksichtigt. Die diesbezüglichen Ermittlungen durch das Bundeskriminalamt waren zum Erhebungsstichtag noch nicht abgeschlossen.

Die Polizei scheint schlichtweg nicht die Kapazitäten zu haben, um die Vorgänge zeitnah zu bearbeiten. Falls ein Vorgang länger als einen Monat nicht bearbeitet wird, muss ein sogenannter Liegevermerk geschrieben werden. Wobei jedesmal wenn ein Vorgang länger als 1 Monat nicht bearbeitet wurde, ein neuer Liegevermerk geschrieben werden muss. Gab es in Berlin im Jahre 2016 81.441 Liegervermerke für 41.276, so stieg die  Anzahl der Liegervermerke um 57% auf 128.273 und die davon betroffenen Vorgänge um 34% auf 55.290 [6].

Selbst wenn diese Fälle dann polizeilich zu Ende ermittelt wurden, können Sie noch aus der Statistik herausgefiltert werden. So heisst es auf eine kleine Anfrage des Abgeordneten Sebastian Wippler [7]:

[…] Eine Straftat wird auch nicht in der PKS erfasst, wenn sie zum Abschluss der polizeilichen Ermittlungen nicht hinreichend konkretisiert ist, sich der Straftatverdacht nicht bestätigt hat oder die polizeilichen Ermittlungen noch nicht
abgeschlossen sind. Darüber hinaus können spezielle Erfassungsregeln  (deliktspezifisch oder bei bestimmten Fallkonstellationen) dazu führen, dass keine
Erfassung für die PKS vorzunehmen ist. Straftaten, die von einer sächsischen Polizeidienststelle abschließend bearbeitet wurden, deren Tatort sich jedoch in einem anderen Bundesland befindet, werden zur PKS-Erfassung an das zuständige Bundesland übermittelt, in welchem sich der Tatort befindet. Eine PKS-Erfassung für Sachsen hat in diesen Fällen zu unterbleiben. […]

Bezogen auf das Delikt Diebstahl bedeutet dieses für das Land Sachsen, dass in Summe in 2017 von 126.533 Fälle (2016: 137.922) die in die PKS eingegangen sind, zuvor  5.103 Vorgänge (2016: 5.930) herausgefiltert wurden. [8]

Zusätzlich werden die „Richtlinien für die Führung der Polizeilichen Kriminalstatistik“ in einzelnen Bundesländern zum Teil „uminterpretiert“ und eigene Regeln eingeführt, d.h. hier wird getrickst. So wurden laut Potsdamer Neuer Nachrichten [9]:

Denn nach PNN-Recherchen ist die in der vergangenen Woche durch das RBB-Magazin „Klartext“ bekannt gewordene Dienstanweisung der Polizeidirektion West nicht das einzige Indiz für den Versuch, mit dem in Brandenburg systematisch die Kriminalitätsstatistik geschönt werden soll. Wie berichtet räumten Holzschuher und Feuring indirekt sogar ein, von der bundeseinheitlichen Richtlinie des Bundeskriminalamtes zur Erfassung von Straftaten abzuweichen. Laut einer anderen Handlungsanweisung des Polizeidirektion West, die der PNN vorliegt, wird bereits beim Erfassen von kleinsten Delikten bei der Polizei getrickst.

Und weiter:

In einer internen Anweisung vom Februar 2012, die Minister Holzschuher trotz versprochener Transparenz dem Innenausschuss des Landtags in der vergangenen Woche nicht zur Verfügung gestellt hat, stehen detaillierte Anweisungen an die Beamten, wann derartige Fälle aufgenommen, aber nicht in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) erfasst werden sollen.

In dem Artikel werden noch zwei Beispiele aufgeführt, wie systematisch die PKS geschönt werden soll.

Die oben aufgeführten Sachverhalte zeigen sehr deutlich auf, dass den Jubelstürmen in der Mainstreampresse schlichtweg nicht zu glauben ist, da diese sich offensichtlich noch nicht einmal damit befasst haben, wie die PKS zustande kommt. Das Beispiel Berlin zeigt deutlich, dass sich die Akten stapeln und diese nicht zügig bearbeitet werden. Dadurch landen diese Fälle auch zunächst nicht in der PKS. Das Beispiel Sachsen zeigt deutlich, dass nicht alle Fälle die zu Ende ermittelt wurden in der PKS landen. Dazu zeigen die Ausführungen in der PNN deutlich, dass die ohnehin zur Schönfärbung neigenden „Richtlinien für die Führung der Polizeilichen Kriminalstatistik“ nicht eingehalten werden und weitere Fälle herausgefiltert werden.

Es ist aber wichtig einen weiteren Aspekt zusätzlich festzuhalten. Selbst wenn es einen Rückgang von einzelnen Delikten gegeben hat, so ist dieser auch auf Verhaltensänderungen der (potentiellen) Opfer zurückzuführen. In der PKS wird immer wieder Mal darauf hingewiesen, dass wenn die Bürger sich besser absichern würden, z.B. gegen Diebstahl, dass diese Delikte zurückgehen würden. Dieses ist durchaus richtig, natürlich kann ich durch das Aufbewahren meines Geldbeutels statt in der Hosentasche, in einem Brustbeutel, dass Risiko des Diebstahls minimieren. Was aber, wenn die Bürger nicht nur solche Verhaltensweisen ändern, sondern schlichtweg bestimmte Orte nicht mehr aufsuchen, d.h. einen Besuch des Weihnachtsmarktes o.ä. Veranstaltungen nicht mehr vornehmen und ganz wegbleiben. Oder statt öffentlicher Verkehrsmittel, ein Taxi nehmen oder sich fahren lassen. Das sind  gravierende Einschnitte in das öffentliche Leben der Bürger, die sich nicht mehr wie gewohnt frei und sicher in diesem Land bewegen dürfen.  Da wirkt es wie ein Hohn an die Bürger wenn die CDU einen Wahlkampf mit dem Slogan führte:  „Für ein Land indem wir gut und gerne leben“.

EDIT: Den 2. Teil habe ich heute veröffentlicht (19.06.2018)

[1]WELT online vom 21.04.2018

[2] https://www.tichyseinblick.de/meinungen/kriminalstatistik-fuer-2017-teil-1-vertrauensverlust-in-den-staat/

[3] https://www.bka.de/DE/AktuelleInformationen/StatistikenLagebilder/PolizeilicheKriminalstatistik/PKS2017/pks2017_node.html

[4] Richtlinien für die Führung der Polizeilichen Kriminalstatistik in der Fassung vom 01.01.2017

[6] Absolute Zahlen entnommen aus den Antworten der beiden kleinen Anfragen des Abgeordneten Peter Trapp. Drucksache 18 / 11 332 und Drucksache 18 / 13 355.

[7] Kleine Anfrage des Abgeordneten Sebastian Wippel. Drucksache 6/13007

[8] Absolute Zahlen entnommen aus den Antworten der kleinen Anfragen des Abgeordneten Sebastian Wippel. Drucksache 6/4886 und Drucksache 6/13007

[9] PNN vom 25.04.2014

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